Bericht erschienen in der Gelnhäuser Neue Zeitung, Ausgabe vom 14.10.2016
Text und Foto "Notfallsituation" von Matthias Boll, übrige Fotos vom DRK
Eine rasante Entwicklung
DRK-Kreisverband Gelnhausen-Schlüchtern feiert 80 Jahre Rettungsdienst
Main-Kinzig-Kreis (mb). Die Geschichte des motorisierten Krankentransports im Altkreis Gelnhausen begann 1936 mit einem Mercedes 200, der im damals neuen Kreiskrankenhaus stationiert war. Aus dem einen Fahrzeug ist längst eine ganze Flotte, aus dem einen Standort sind zwölf Rettungswachen geworden. Mit einem Festakt feierte der DRK-Kreisverband Gelnhausen-Schlüchtern gestern Abend im Main-Kinzig-Forum 80 Jahre Rettungsdienst.
„Ich freue mich, dass wir heute über eine Entwicklung nachdenken können, die durch eine stetige Verbesserung der Einsatzfähigkeit geprägt war“, sagte Heiner Kauck, Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes. Er selbst ist seit 60 Jahren aktiv. „Ich habe diese Entwicklung also persönlich hautnah miterlebt.“
Den ersten Eindruck von der Arbeit des DRK bekam er durch seinen Nachbarn Fritz Volz, der „Krankenwagenfahrer“ – so die damals gängige Bezeichnung – in Birstein war. Er sei rund um die Uhr im Dienst gewesen. Wenn es einen Unfall in Somborn gegeben habe, sei Volz von Birstein aus dorthin gefahren. An eine Zehn-Minuten-Hilfsfrist sei damals nicht zu denken gewesen. „Die Leute waren froh, dass überhaupt jemand kam“, sagte Kauck.
Damals habe er erlebt, was es heißt, Rettungsdienst zu schieben, allein vor einem Notfall zu stehen und bereit zu sein, das Richtige zu tun. Von den Arbeitsbedingungen einmal ganz zu schweigen. Bis das DRK einen Platz im Krankenhaus zugewiesen bekommen habe, hätten die Hauptamtlichen unter dem Tisch im Büro geschlafen.
Mit der Verabschiedung des Rettungsdienstgesetzes und der Beauftragung des DRK mit dem Rettungsdienst durch den Main-Kinzig-Kreis Anfang der 90er Jahre habe sich die Situation entscheidend verbessert. Ein Meilenstein war auch die Eröffnung der eigenen Rettungsdienstschule in Gelnhausen im Jahr 2013, mit der die Ausbildung der Fachkräfte für die Zukunft gesichert wurde. Heute kümmern sich 200 Hauptamtliche darum, dass Rettungszeiten eingehalten werden und Dienste funktionieren. „Ich bin dankbar, dass wir das geschafft haben und mit Optimismus in die Zukunft blicken können“, sagte Kauck. Dafür dankte er den Pionieren der Anfangszeit, den Mitarbeitern und unzähligen Ehrenamtlichen.
„Das DRK ist aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken und fest im Ehrenamt verwurzelt“, betonte Landrat Erich Pipa in seinem Grußwort. Als Dienstleister für den Rettungsdienst sei der Verband ein wichtiger Partner des Main-Kinzig-Kreises. Er kündigte an, dass der Kreis auch künftig in die Fläche investieren werde, um die gute Quote von 91 Prozent bei der Zehn-Minuten-Frist sogar auf 95 Prozent anzuheben. Als Jubiläumsgeschenk überreichte er eine Spende über 400 Euro an Kauck.
Auch Horst Wanik, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Gelnhausen, hatte ein Geldpräsent dabei. Er betonte die hohe Verbundenheit zum DRK und übergab eine Spende über 2.000 Euro.
Dann stand eine Überraschung auf dem Programm. Theresia Kleespies erhielt für ihr fast 40-jähriges Engagement für das DRK Mernes/Jossgrund aus den Händen von Pipa den Ehrenbrief des Landes Hessen.
„Dass 170_000 Menschen in den Altkreisen Gelnhausen und Schlüchtern ruhig und sicher schlafen können, ist auch ein Verdienst des Roten Kreuzes“, erklärte Gelnhausens Bürgermeister Thorsten Stolz in seinem Grußwort. Er bedankte sich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem DRK im Bereich Rettungsdienst. „Das ist keine Floskel“, betonte er und nannte als Beispiele unter anderem den Einzug ins Gefahrenabwehrzentrum und den Aufbau der Rettungsdienstschule. 80 Jahre motorisierter Krankentransport seien zum einen gekennzeichnet durch eine rasante Weiterentwicklung, aber auch durch eine kontinuierlich zunehmende Bedeutung des Rettungsdienstes. So sei die Zahl der Einsätze allein in den vergangenen fünf Jahren um rund 4200 auf knapp 27_000 im Jahr 2015 gestiegen.
Norbert Södler, Präsident des DRK-Landesverbandes, lobte die lückenlose Dokumentation, die der Kreisverband anlässlich des Jubiläums vorgelegt hatte. Er hatte ein paar Zahlen für Hessen mitgebracht. Demnach verzeichnet das DRK landesweit pro Jahr rund 500_000 Einsätze und legt dabei 20 Millionen Kilometer zurück. Er hoffte auf eine weitere vertrauensvolle und kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Kreis.
„Wir arbeiten gerne mit dem DRK zusammen“, lobte Markus Busanni, Leiter des Gefahrenabwehrzentrums des Kreises. „Wir sind immer froh, wenn sie auch an der Einsatzstelle sind.“ Es sei kaum vorstellbar, dass in den Anfangszeiten eine Handvoll Menschen bei sehr weiten Wegen auf sich alleine gestellt gewesen sei. Ebenso schwer vorstellbar sei es, dass es 55 Jahre gedauert habe, bis ein Rettungsdienstgesetz auf den Weg gebracht worden sei. Die Quote von 91 Prozent bei den Hilfsfristen bewertete er als große Leistung, auf die man stolz sein könne. Denn eine hundertprozentige Quote sei in einem Flächenkreis wie dem MKK faktisch nicht erreichbar. Ein Lob hatte er auch für die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer während des Höhepunkts der Flüchtlingskrise im vergangenen Jahr. „Wenn wir diese Menschen nicht hätten, wäre der Staat um einiges ärmer gewesen“, sagte Busanni.
Einen Einblick in die tägliche Arbeit ihrer Einsatzkräfte gaben anschließend Ausbilder der Rettungsdienstschule. Moderiert von Schulleiter Mirko Scheuplein, wurde eine Notfallsituation simuliert. Isabeau Haupt las Auszüge aus der Chronik des DRK, ehe eine kleine Modenschau mit historischer und aktueller Dienstbekleidung das offizielle Programm beendete. Die stellvertretende Vorsitzende Luise Meister leitete schließlich zum gemütlichen Teil des Abends über und lud die Gäste zu einem üppigen Buffet ein. Für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung zeichnete Dr. Frank Kleespies am Klavier verantwortlich.